von Tim Varelmann
Vor über 70 Jahren entwickelten drei Physiker, die sich für Elektrizität interessierten, den Transistor. Was damals als eine von vielen Entwicklungen in den Bell Labs (eine Forschungseinrichtung die damals viele der klügsten Köpfe anzog) galt, konnte die Welt tiefgreifend verändern. Transistoren wurden zum Bau von Rechnern verwendet, deren einziger Zweck - nun ja - das Rechnen war. Die Fähigkeit zum automatischen Rechnen ermöglichte jedoch auch eine Reihe anderer Anwendungsfälle: Computer konnten miteinander verbunden werden, um das Internet aufzubauen und die Kommunikation zu revolutionieren. Die neuen Kommunikationsmethoden bildeten die Grundlage für viele andere moderne Entwicklungen wie Online-Einkauf und -Lieferung oder Arbeit von zu Hause. Eine der sich derzeit abzeichnenden Auswirkungen der Computerentwicklung ist die digitale Transformation ganzer Branchen.
Dieser Artikel dreht sich um die digitale Transformation und besonders folgende Fragen:
• Warum ist digitale Transformation im industriellen Einsatz so mächtig?
• Warum findet sie gerade jetzt statt?
• Mit welchen Strategien kann man den Wandel erfolgreich gestalten?
Um diese drei Fragen zu beantworten, kehren wir zum Anfang zurück: Automatische Berechnungen waren das Erste, was Computer taten. Daher ist die Mathematik unser natürlicher Verbündeter, um zu erforschen, welche Auswirkungen automatische Berechnungen haben. Da die digitale Transformation aber komplexer ist als automatische Berechnungen, brauchen wir einen komplexeren Ansatz als einfache Algebra. Ein mathematischer Ansatz, der komplizierte Systeme beschreiben kann, ist die mathematische Modellierung. In diesem Artikel werden die Argumente mit industriellen Beispielen illustriert. Die Bandbreite der Beispiele zeigt, wie universell hilfreich mathematische Modelle sind.
Ein mathematisches Modell ist eine Möglichkeit, ein reales System mithilfe von Mathematik zu beschreiben. Das reale System kann etwas Großes sein, wie ein Chemiepark, oder etwas Kleines, wie eine Bakterienpopulation. Weitere Beispiele sind Raketen, Fabriken, Stromnetze, Logistiknetze oder die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in einem Haus. Sie alle können mit mathematischen Modellen beschrieben werden. Mathematische Modelle sind vielseitig wie natürliche Sprachen, aber sie sind eindeutig, weil sie mathematische Begriffe verwenden.
Mit Hilfe der Logik lassen sich Sätze, die Wörter wie 'und', 'oder' und 'nicht' enthalten, in die Mathematik übertragen. Manchmal müssen wir auch kompliziertere Dinge mit Wörtern wie 'wenn', 'nur', 'dann' und 'sonst' ausdrücken. Ein Beispiel wäre: "Wir können NICHT Förderband 3 UND Förderband 5 gleichzeitig betreiben".
Eine kompliziertere Aussage wäre: "NUR WENN wir beschließen, ein Lager in Brüssel zu bauen, DANN können wir Lastwagen von Brüssel nach Paris schicken. SONST müssen wir Paris von München ODER Barcelona aus beliefern". Die Logik ist die mathematische Übersetzung der fett gedruckten Schlüsselwörter. Um die Elemente zwischen diesen Schlüsselwörtern zu beschreiben, verwenden wir Variablen und Gleichungen:
Variablen bilden das Herzstück eines mathematischen Modells. Sie verwenden Zahlen, um die möglichen Aktionen zu beschreiben, die in dem betrachteten System stattfinden können.
Der Bau eines Lagerhauses ist eine Ja/Nein-Entscheidung, und wir können die Optionen mit 0 (nicht bauen) oder 1 (bauen) darstellen. Die Frage, ob ein Lagerhaus gebaut werden soll, wird in dem Modell zu einer binären Variable.
Ein Logistikunternehmen mit 23 LKWs kann einige LKWs von Brüssel nach Paris schicken. Die Anzahl der LKWs, die auf dieser Strecke eingesetzt werden, kann jeden Wert zwischen 0 und 23 annehmen. Es ist jedoch nicht möglich, 3,5 LKWs nach Paris zu schicken. Die Entscheidung, wie viele LKWs von Brüssel nach Paris geschickt werden sollen, wird im Modell zu einer ganzzahligen Variable.
Es ist möglich, zwischen 14:00 Uhr und 15:00 Uhr 3,75 Tonnen Sand mit dem Förderband 5 zu transportieren. Die Entscheidung, wie viel Sand zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr auf Band 5 transportiert werden soll, wird im Modell zu einer kontinuierlichen Variable, da ihre Werte Dezimalzahlen sein können.
Um Beziehungen zwischen den Variablen des Modells zu beschreiben, verwenden wir Gleichungen und Ungleichungen. Die Physik der Reibung kann zum Beispiel durch eine Gleichung beschrieben werden. Wenn sich ein Auto mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegt, kann eine solche Gleichung verwendet werden, um zu berechnen, wie viel Kraftstoff das Auto benötigt, um mit dieser Geschwindigkeit weiterzufahren.
Um das mathematische Modell zu vervollständigen, müssen wir möglicherweise einige Einschränkungen des Systems, wie Sicherheitsgrenzen und Kapazitäten, berücksichtigen. Hier ist ein Beispiel für jede dieser Einschränkungen:
Die Glasproduktion ist auf 20 Tonnen pro Stunde begrenzt, um eine Überhitzung der Anlage zu verhindern:
ProdGlas <= 20 t/h
Ein Lager kann 12 Tonnen Sand aufnehmen:
Lagersand <= 12 t
Ein Modell ist eine allgemein verständliche Sammlung von Spezifikationen eines Systems, Details über seine Komponenten und eine Beschreibung seiner Umgebung an einem Ort. Mathematik ist viel klarer als ein Chaos von Dokumenten, die in natürlicher Sprache oder gar mehreren natürlichen Sprachen formuliert sind. Daraus ergeben sich die folgenden Vorteile:
• Nur ein einziges Modell anpassen zu müssen, erleichtert die Wartung wenn Systemkomponenten und ihre Umgebung sich häufig ändern.
• Das Wissen ist explizit formuliert und nicht in den Köpfen erfahrener Mitarbeiter verborgen.
• Auch die Modellergebnisse/Vorhersagen sind eindeutig und können weitgehend automatisch von Software verarbeitet und interpretiert werden.
• Tests auf innere Konsistenz und Korrektheit eines Modells können automatisiert und regelmäßig durchgeführt werden.
• Modelle sind in silico ausführbar, auch wenn das reale System (noch) nicht existiert.
Die letzten beiden Punkte leiten direkt zum nächsten Abschnitt über:
Beim modellbasierten Design können große Teile des endgültigen Designs untersucht und verfeinert werden, ohne auf physische Prototypen angewiesen zu sein, indem das Modellverhalten in einer Simulationssoftware untersucht wird. Durch die drastische Verringerung des Bedarfs an physischen Prototypen werden die Kosten des Entwurfs, der Zeitbedarf für den Entwurfsprozess und die Auswirkung von Fehlern, welche in jedem Projekt passieren, reduziert. Infolgedessen kann eine enorme Anzahl von Entwurfsalternativen konzipiert und geprüft werden. Anstatt Zeit und andere Ressourcen für den Bau physischer Modelle aufzuwenden, können wir mehr Aufwand auf die Untersuchung mehrerer Entwurfsalternativen richten. Ein beeindruckendes Beispiel für die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes: Als Tesla noch ein Start-up-Unternehmen war, herrschte in der Automobilindustrie die Meinung vor, dass es unmöglich sei, von Grund auf ein Auto zu entwickeln, das mit dem Industriestandard mithalten kann. Dennoch entwickelte Tesla in kürzester Zeit ein Auto, das nicht nur mit dem Industriestandard konkurrierte, sondern die bisherigen Standards übertraf und einen neuen Standard definierte. Modellbasiertes Design war ein entscheidender Pfeiler für den Aufstieg von Tesla.
Und das Beste? Die mathematische Modellierung von Systemen lässt sich auf alle möglichen Bereiche anwenden. Ein Auto nicht bauen zu müssen, um sein Design zu bewerten, ist klasse, aber ein Auto zu bauen und sich dann zu entscheiden, sich auf ein anderes Design zu konzentrieren, führt nicht sofort in den Ruin. In anderen Bereichen ist es absolut unmöglich, ein System zu bauen, ohne es zu benutzen: Stromnetze und Molekularmotoren sind einige Beispiele aus meiner Forschung an der RWTH Aachen und am MIT. Für Autos ermöglicht modellbasiertes Design mehr Designalternativen zu testen und nur die vielversprechendsten Ideen in Prototypen umzusetzen. In komplizierteren Bereichen ist modellbasiertes Design aber die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas auszuprobieren ohne das finale System zu bauen. Daher ist modellbasiertes Design in diesen Bereichen sogar noch wertvoller.
Der Aufbau eines Modellprototyps von Grund auf muss keine überwältigende Aufgabe sein, wenn man weiß, wie man effektiv damit beginnt. Modellbasiertes Design erleichtert iterative und agile Designprozesse und die Wiederverwendung früherer prototypischer Modelle. Mathematische Modelle können schrittweise von groben Skizzen bis hin zu ausgefeilten und gut strukturierten digitalen Zwillingen aufgebaut werden.
In physikalisch-wissenschaftlichen Bereichen können wir fast immer ein sehr einfaches Modell ableiten, indem wir grundlegende Erhaltungssätze wie die Erhaltung von Masse und Energie durch Massen- und Energiebilanzen zum Beispiel in einem chemischen Reaktor durchsetzen. Wir können einen solchen ersten Prototyp mit Annahmen vervollständigen, die uns das Leben leicht machen, (z. B. mit einem Wärmestrom von Null, der eine vollkommen adiabatische Isolierung gegenüber der Umgebung modelliert). Diese einfachen Modelle können oft qualitativ vernünftige Vorhersagen machen. Wir können dann die quantitative Genauigkeit verbessern. Falls erforderlich, können wir schrittweise einfache Annahmen aufgeben und sie durch immer ausgefeiltere Beschreibungen der Realität ersetzen. Höchstwahrscheinlich geschieht dies in Form von einem oder mehreren Teilmodellen. Betrachten wir die thermische Isolierung eines chemischen Reaktors als ein Beispiel, bei dem wir schrittweise ein komplexes Modell aus einem sehr einfachen Modell aufbauen. Dies ist eine wichtige Aufgabe, da viele chemische Reaktionen nur in einem bestimmten Temperaturbereich gut ablaufen. Für die Betreiber von chemischen Prozessen ist es daher wichtig zu verstehen, wie viel Wärme an die Umgebung verloren geht, damit sie die richtige Heizmenge für einen Reaktor steuern können.
Während ein Modell schrittweise komplexer wird, können die Tests für das Modell in ähnlichen Schritten mit dem Modell zusammen wachsen. Jede Funktionserweiterung hat einen wohldefinierten und überschaubaren Umfang, was zu wohldefinierten und überschaubaren Testerweiterungen führt. Dies erhöht die Testvollständigkeit beim Übergang des Modells zu einer produktiven Lösung und identifiziert unvermeidlich auftretende Fehler frühzeitig, wenn sie kostengünstig und einfach zu beheben sind.
Letztendlich führt modellbasiertes Design - im Vergleich zu einem Entwurfsprozess, bei dem Spezifikation, Entwurf und Tests separat betrachtet werden - zu einem qualitativ hochwertigeren Endprodukt in kürzerer Entwicklungszeit .
Natürlich kann auch die Funktionsweise von tatsächlich existierenden Systemen modelliert werden. Allein die Möglichkeit, virtuell einige Zahlen zu berechnen, ohne dass bestimmte Aktionen ausgeführt werden müssen, erweist sich als wertvoll (z. B. in der Produktionsplanung und Logistik). Ich würde sogar behaupten, dass Modelle die Grundlage für die digitale Transformation sind, weil Design, Simulation und Optimierung sind alle auf Modelle angewiesen, um wirklich alle Möglichkeiten auszuloten und schließlich die beste Lösung zu finden.
Komplizierte Modelle können in intuitive Module gegliedert werden. Jedes Modul ist ein Teilsystem mit einer klar beschriebenen Grenze. An den Grenzen der Module werden die Wechselwirkungen zwischen den Teilsystemen spezifiziert. Viele kleine Teilsysteme mit klar definierten und überschaubaren Bedeutungen verringern somit die Gesamtkomplexität des Gesamtmodells. Dies ist aus mehreren Gründen wichtig:
• Anfänger können ein bestehendes Modell Schritt für Schritt erlernen.
• Experten können sich auf ihr Fachgebiet konzentrieren und sich auf gut definierte Schnittstellen zu anderen Teilen des Modells verlassen.
• Die Anpassung eines Modells an unsere sich ständig verändernde Umgebung erfordert nur lokale Anpassungen der modularisierten mathematischen Modelle.
Betrachten wir als Beispiel den Reaktor aus dem vorigen Abschnitt. Diesmal wird der Reaktor und seine Wärmeabgabe an die Umwelt jedoch als Teil einer chemischen Anlage betrachtet - ein durchaus kompliziertes Gesamtsystem. Durch die Unterteilung der Anlage in kleinere Komponenten und die klare Beschreibung der Wechselwirkungen zwischen den Komponenten bleibt das Anlagenmodell jedoch überschaubar.
Gut modularisierte Modelle sind leicht zugängliche Sammlungen von Informationen. Interessanterweise löst das Vorhandensein von gut strukturierten Informationen im menschlichen Gehirn eine Art Magie aus: die Mustererkennung. Die Macht der Mustererkennung ist, dass die Entwicklung einer Lösung für eine Klasse von Problemen oft recht leicht fällt, nachdem ein Muster in dieser Klasse von Problemen identifiziert wurde. Durch die Modularisierung von Modellen können wir also von der Lösung einzelner Probleme zur Lösung von Problemklassen abstrahieren. Eine Lösung für alle Probleme einer Problemklasse ist nichts anderes als eine Anweisung zur Automatisierung der Lösung dieser Probleme.
Hochgradig automatisierte Systeme, die sich um viele Details kümmern, werden heutzutage als 'intelligent' wahrgenommen. Dahinter verbirgt sich aber nur Software, die von einem klugen Entwickler geschrieben wurde, der ein abstraktes Muster in der Aufgabe erkannt und eine systematische Lösung implementiert hat, die dieses Muster ausnutzt. Ich möchte drei Beispiele anführen:
• Numerische Optimierungslöser verfügen über Schnittstellen, die es ermöglichen, die Logik eines Modells so zu formulieren, wie ein menschlicher Modellierer denkt. Intern wird die Logik durch mehrere gemischt-ganzzahlige Nebenbedingungen dargestellt. Hinter der Fassade hat ein Softwareentwickler eine Liste von logischen Schlüsselwörtern genutzt (wie UND, NICHT, WENN; wir haben sie im ersten Abschnitt dieses Artikels gesehen), und für jedes Schlüsselwort einige Gleichungen und Ungleichungen mit binären und kontinuierlichen Variablen entwickelt, die dieses Schlüsselwort repräsentieren. Ein menschlicher Modellierer kann auf dieser Basis ein System modellieren, indem er ein Schlüsselwort nach dem anderen verwendet. Es ist nicht notwendig, jedes Schlüsselwort in die entsprechenden Gleichungen zu übersetzen.
• Sprachassistenten in Ihrem Telefon oder Ihrem "intelligenten Zuhause" scheinen Ihnen zuhören und Sie verstehen zu können. Hinter der Fassade erkennen sie jedoch nur Silben in der gesprochenen Sprache (und selbst diese Fähigkeit musste jahrzehntelang trainiert werden). Dann schauen sie nach, welche Wörter aus welchen Silben bestehen, und gleichen die identifizierte Silbenfolge mit Wörtern ab, die sie in einem Wörterbuch nachschlagen können, das alle Wörter einer Sprache enthält.
• Bei der Verteidigung meiner Dissertation habe ich eine Software vorgestellt, die dynamische Optimierungsprobleme, die in chronologischer Zeit formuliert sind, in dynamische Optimierungsprobleme übersetzt, die mittels Wavelet-Koeffizienten formuliert sind. Dies ermöglicht eine Verkleinerung der Problemgröße und adaptive Zeitraster.
Der rote Faden in all diesen Beispielen ist, dass eine alltägliche Aufgabe (Übersetzung von Logik in gemischt-ganzzahlige Formulierungen, Zuordnung von Silben zu Wörtern, Wavelet-Transformation) einmal für alle möglichen Fälle (z. B. alle logischen Schlüsselwörter, alle Wörter in einem Wörterbuch, alle chronologischen Zeitsignale) und in einer gut strukturierten Weise durchgeführt wurde. Infolgedessen können wir viel schneller auf einer höheren Ebene arbeiten (die Umwandlung von UND in ein ODER ist schneller als die Umwandlung mehrerer Gleichungen in andere Gleichungen und Ungleichungen) und Systeme, die die Arbeit auf dieser höheren Ebene ermöglichen, als "intelligent" bezeichnen.
Warum also findet der digitale Wandel gerade jetzt statt? Ich habe den Eindruck, dass die Modellqualität und -struktur in einigen Bereichen inzwischen gut genug ist, um eine systematische Mustererkennung auszulösen. Die Menschen, die mit diesen Modellen arbeiten, können abstrahieren und ihre Lösungen intelligent machen.
Ich halte die Automatisierung, die durch solche Abstraktionen möglich ist, für einen wahren Segen. Sie nimmt uns Menschen banale Aufgaben ab. Dies macht menschliche Arbeit jedoch nicht überflüssig, sondern macht sie vielmehr leistungsfähiger. Wenn wir mit gut abstrahierten Modellen arbeiten, können wir Probleme von größerem Umfang angehen, als wir es ohne Automatisierung könnten. Der Grund dafür ist, dass wir mehr Zeit damit verbringen, das zu tun, was Menschen am besten können: kreativ sein, forschen, und die Ergebnisse solcher Arbeit interpretieren. Und wir werden noch lange, lange Zeit in der Lage sein, besser zu gestalten und zu interpretieren als Computer.
Jede KI-Technologie ist nur eine besondere Modell-Algorithmus-Kombination, wenn sie einen produktiven Zustand erreicht. Der Einsatz von Modellen schafft also eine Kultur und Infrastruktur, um als Nebeneffekt KI effektiv zu nutzen. Im Folgenden wird erläutert, wie sich sowohl die Kultur als auch die Infrastruktur durch den Einsatz von Industriemodellen entwickeln können:
1. Mathematische Modelle werden ausgehend von grundlegenden Prinzipien erstellt. Das Wissen über solche Prinzipien ist in der Regel in einem Unternehmen vorhanden. Daher ist das Verhalten dieser frühen mathematischen Modelle transparent und nachvollziehbar. Das Modell erscheint lediglich als eine Sammlung von Dingen, die bereits vorher bekannt waren. Wir haben jedoch im zweiten Teil dieses Artikels gesehen, dass diese Sammlung es den Menschen ermöglicht, schneller zu arbeiten und weniger Fehler zu machen.
2. Aufgrund der verbesserten Produktivität werden die Modelle vergrößert. Die richtige Modularisierung sorgt dafür, dass sie nachvollziehbar bleiben. Je weiter die Modelle verbreitet sind, desto mehr Menschen sind an ihrer Entwicklung beteiligt und verstehen ihren Teil des Modells. Ein immer größerer Teil der Belegschaft eines Unternehmens arbeitet täglich mit Modellen.
3. Dieser Weg führt auch zum unternehmensinternen Aufbau der notwendigen digitalen Infrastruktur: Datenbanken, Versionskontrolle, Continuous Integration und Cloud-Speicher. Die Infrastruktur kann auf der Grundlage der unternehmensspezifischen Prozesse und Bedürfnisse wachsen. Die kontinuierliche Prüfung und Verifizierung der Ergebnisse wird ebenfalls automatisiert.
4. Schließlich können komplexere Techniken des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz in genau definierten Bereichen eingesetzt werden, in denen sie leistungsfähig sind.
In der Einleitung hatte ich behauptet, dass die digitale Transformation durch den Einsatz mathematischer Modelle leicht zu starten, agil umsetzbar und auf vielen Ebenen wertvoll sei. Ich behauptete auch, dass dies in praktisch jeder Branche anwendbar sei. Im weiteren Verlauf des Artikels habe ich die wesentlichen Gründe dafür dargelegt: Um anzufangen mathematische Modelle zu verwenden, muss man einfach alle verfügbaren Informationen sammeln und in der eindeutigen Sprache, die wir Mathematik nennen, formulieren. Wenn die Sammlung wächst, führt die Modularisierung zu einer leicht zu pflegenden Struktur für all diese Informationen. Bald können auch kompliziertere Probleme angegangen werden, da die Modularisierung auch die Wiederverwendung bestehender Modelle erleichtert. Als nächstes folgt in einer ganz natürlichen Entwicklung die Automatisierung, denn eine gute Informationsstruktur macht die Menschen kreativ bei der Abstraktion der banalen Teile ihrer täglichen Arbeit. Diese Maßnahmen haben unmittelbare Vorteile, aber die Verkettung aller Schritte führt zu einem noch wertvolleren Effekt: Der kumulierte Nutzen des Einsatzes mathematischer Modelle ist eine digitale Transformation, die Fehlerquoten reduziert, interne Prozesse entschlackt und die menschliche Kreativität zum Vorteil von Mitarbeitern, Aktionären und Kunden fördert.
Dank an Fabian Viefhues für seine aufmerksamen Korrekturvorschläge.
Im Gespräch mit interessierten Leuten sage ich häufig, dass Computer mit Optimierung nicht-emotionale Entscheidungen treffen können. In meinen Projekten sind das meist Planungen: Von Produktion, Energiegewinnung oder Transporten. Weniger alltägliche Entscheidung sind in diesem magisches Beispiel.
Im Sommer habe ich meine Promotionsurkunde bekommen, die den Erfolg meiner Forschung im Bereich der Entwicklung mathematischer Optimierungsalgorithmen und -software bescheinigt. Zu diesem Anlass habe ich über meinen bisherigen Weg nachgedacht und darüber, was ich anders machen würde - hier ist das Ergebnis.