von Tim Varelmann
Während meiner Zeit als Doktorand war ich permanent auf der Suche nach Ratschlägen, die im Alltag umsetzbar sind. Nun, da ich fertig bin (Vorsicht! Survivorship bias [1]), habe ich genug Abstand und kann formulieren, welchen Ratschlag ich mir selbst geben würde. Mein Forschungsgebiet war die Entwicklung von mathematischen Modellen und intelligenten Algorithmen zur Optimierung des Betriebs von Stromnetzen mit vielen erneuerbaren Energiequellen. Ich denke, dass die Empfehlungen in diesem Artikel mindestens für alle technischen Felder gelten, aber natürlich können bestimmte Situationen auch ganz andere Ratschläge erfordern.
Ich möchte Tipps formulieren, die jeden Morgen die Frage "Was ist das Wichtigste, das ich heute tun sollte?" beantworten. Dieser Artikel verpackt meine Ratschläge in eine Beschreibung, wie ich den Weg zur Promotion rückblickend sehe. In meinen Augen besteht dieser Weg aus mehreren Phasen und einem wichtigen Wendepunkt: Eine eigene Nische zu finden. Die Suche nach einer Forschungsnische ist ein wichtiger Wendepunkt, weil sie schlagartig ändert, wie man am effizientesten arbeitet.
Meiner Meinung nach ist die Suche nach einer Forschungsnische im Wesentlichen eine kreative Aufgabe. Sie hängt von den Ideen und Problemen ab, auf die ein Forscher stößt, wie auch von deren Timing. Die Ideenaufnahme ist sehr zufallsbehaftet. Glücklicherweise ist man bei einer Promotion nicht nur passiv dem Glück ausgeliefert, sondern man kann einiges tun, um seine Chancen zu verbessern. Ich glaube, dass man seine Chancen drastisch verbessern kann, indem man bewusst versucht eine "wissenschaftliche Kreativität" zu entwickeln.
Kreativität erfordert einen entspannten Geisteszustand. Ich rate angehenden Wissenschaftlern davon ab, zu versuchen, ihren Erfolg durch lange Arbeitszeiten und einen überproportionalen Einsatz ihrer mentalen Energie für die Arbeit zu erzwingen. Die Umsetzung dieses Ratschlags fühlt sich nicht intuitiv an, insbesondere für vormals ehrgeizige Studenten. Fieberhaftes Arbeiten hemmt jedoch die Kreativität und damit den Erfolg von Wissenschaftsanfängern.
Man könnte einwenden, dass viele sehr erfolgreiche Wissenschaftler ihr Leben der Wissenschaft gewidmet haben. Sie haben in ihrem Leben kaum Platz für etwas anderes. Ich würde sogar zustimmen, dass sie gerade deshalb erfolgreich sind. Es gibt jedoch einen grundlegenden Unterschied zwischen diesen Menschen und Wissenschaftsanfängern: Erfolgreiche Wissenschaftler haben bereits gut ausgebildete kreative Prozesse, eine Pipeline voller lohnender Forschungsprojekte - und einen Doktortitel. All diese Dinge entwickeln sich schnell, sobald ein Forscher eine Nische gefunden hat, die er besetzen kann. Bis dahin ist es wichtiger, die eigene Kreativität zu entwickeln, als so viele Ressourcen wie möglich für die eigene Arbeit aufzuwenden.
Mit dieser Perspektive im Hinterkopf fragst du dich vielleicht: "Was soll ich also von 9 bis 17 Uhr tun, während ich nach meiner Forschungsnische suche?" Zugegebenermaßen ist der Versuch 'wissenschaftliche Kreativität' zu entwickeln nicht der umsetzbare Rat, den ich versprochen hatte. Ich denke, dass man sich während der normalen Arbeitszeit bemühen sollte, die kreativen Phasen, die man durch ein ausgewogenes Leben nährt, sanft in wissenschaftliche Richtungen zu lenken. In der Beschreibung meines Weges zur Promotion werde ich dieses unpräzise Ziel auf konkrete Aufgaben herunterbrechen. Diese werde ich dann als "elementare Aufgaben" bezeichnen. Sie sind klein genug, um 2-4 von ihnen innerhalb eines Tages zu erledigen, und sie können wiederholt werden, bis das Glück unweigerlich zuschlägt und den Forscher in die nächste Phase versetzt. Stell darum sicher, dass du diese elementaren Aufgaben an JEDEM ARBEITSTAG in deinen Zeitplan aufnimmst. Versuche dann, dir keine Gedanken über die kurzfristigen Ergebnisse der Arbeit zu machen. Damit hast du jeden Tag eine täglich wachsende Chance, eine Nische zu finden.
Die Hauptmotivation für mich, Forschung zu betreiben, war die Möglichkeit, ein Experte auf dem Gebiet meiner Wahl zu werden. Ich war erpicht darauf, mit Vollgas auf dieses Ziel hinzuarbeiten - die Freude hielt nur 3 Wochen an. Ich hatte den Eindruck, dass ich einen Bereich festlegen musste, in dem ich Experte werden wollte. Anders als bei der Auswahl eines Wahlfachs hatte ich aber keine Ahnung, was ich wollte! Woher sollte ich das wissen? Ich war nicht in der Lage, vernünftige Kriterien zu finden, um wünschenswerte von unerwünschten Fachgebieten zu unterscheiden. Ich wusste auch nicht, welche Schritte ich unternehmen sollte, um eine solche Entscheidung treffen zu können. Um das zu ändern, blieb mir nur eine einzige Möglichkeit: Etwas zu tun [2]. Buchstäblich irgendetwas!
Als Erstes sprach ich mit meinem Professor, Alexander Mitsos. Unser Gespräch drehte sich um meine Beobachtungen, und mein Professor erklärte mir geduldig, dass solche Gedanken normal seien. Die Diskussion brachte mich jedoch nicht weiter, im Hinblick auf was ich tun sollte oder wie ich dies selbst entscheiden sollte. Unter vielen vagen Tipps die ich erhielt, war der anwendbarste die Publikationen meiner erfahreneren Kollegen zu lesen. In Ermangelung weiterer Einzelheiten (Welche Arbeiten genau? Welche zuerst? Wie detailliert sollte ich lesen?) las ich die Arbeiten meiner Kollegen in zufälliger Reihenfolge. Danach las ich Arbeiten von Wissenschaftlern, die meine älteren Kollegen häufig zitierten, und besuchte einige Vorträge von Kollegen und ihren Gästen von anderen Universitäten. Ohne es zu merken, begann ich bereits 5-6 Wochen nach meinem ersten Tag die erste Phase des Prozesses, der mich zur Promotion führen sollte. Damals hatte ich das Gefühl, überhaupt keinen Weg zu erkennen - sogar dann noch als ich schon die Hälfte des Prozesses hinter mir hatte. Heute würde ich die erste Phase wie folgt beschreiben:
In der Einarbeitungsphase machen sich Wissenschaftler mit der aktuellen Forschung und ihren Grundlagen vertraut. Sie ist durch die folgenden Eigenschaften gekennzeichnet:
Ziel:
Erhöhung der Chancen, Ideen für eigene Forschungsbeiträge zu generieren
Erfolgsmaßstab:
Anzahl/Häufigkeit der generierten Ideen
Die Häufigkeit der Ideengenerierung ist ein geeigneter Maßstab zur Quantifizierung des Fortschritts bei der Erhöhung der Chancen für die Ideengenerierung. Das entscheidende Problem dieses Maßstabs ist, dass es sich um eine "verzögerte Messung" handelt [3]: Er misst das Maß an Erfolg, das bereits eingetreten oder ausgeblieben ist. Die erfolgsbeeinflussenden Handlungen können nicht mehr verändert werden. Daher ist ein solches Maß nicht geeignet, um zu entscheiden, mit welchen Handlungen man zum Erfolg gelangen kann. In Cal Newports Buch "Deep Work" fand ich den Hinweis, dass sich Wissensarbeiter darauf konzentrieren sollten, Erfolgsvoraussetzungen zu messen. Erfolgsvoraussetzungen quantifizieren die Handlungen, die zu künftigem Erfolg führen werden.
Dieser grundlegende Unterschied zu verzögerten Messungen ermöglicht es, aus Erfolgsvoraussetzungen direkt umsetzbare Aufgaben abzuleiten. In dieser Phase ist die Anzahl der gelesenen und verstandenen Publikationen eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg. Eine aus dieser Voraussetzung abgeleitete Aufgabe wäre, ein oder zwei Artikel der Kollegin von nebenan zu lesen und zu verstehen. Die abgeleiteten Aufgaben sind die elementaren Aufgaben, die die Umsetzung einer langfristig erfolgreichen Strategie ausmachen.
Erfolgsvoraussetzungen (elementare Aufgaben):
Hohe Zahl gelesener und verstandener Publikationen / besuchter Vorträge
Ich möchte auch die Fragen beantworten, die ich mir gestellt habe, als ich den Ratschlag bekam, "Publikationen zu lesen".
Anwendbare Tipps:
Lies alle Publikationen deiner aktuellen Kollegen im unmittelbaren Forschungsumfeld. Du solltest sie so gut verstehen, dass du für jeden Artikel dessen neuen Beitrag zur Wissenschaft formulieren kannst. Dann bitte den (Erst-)Autor, deine kurze Zusammenfassung zu bestätigen oder zu korrigieren, und lies die Arbeit ein letztes Mal mit diesem Feedback im Hinterkopf. Mit welcher Publikation solltest du heute anfangen? Wirf die Würfel! Dies ist eine unwichtige Entscheidung, du musst nur eine treffen damit du zügig anfangen kannst zu lesen.
Ich denke, "Folge deinem Bauchgefühl" ist grundsätzlich ein guter Rat ist, der aber in der Regel nicht sofort umgesetzt werden kann. Menschen sind leicht überwältigt, wenn sie ein neues, unerforschtes Gebiet betreten [4,5]. Vor allem, wenn man gerade eine Promotion begonnen hat, kann es aufgrund der Reizüberflutung unmöglich sein, auf seine innere Stimme zu hören oder sein Bauchgefühl wahrzunehmen.
Bei großen Entscheidungen gefällt mir das Konzept, das Russ Roberts in der Tim Ferriss Show #613 [6] erläuterte: Wenn du sorgfältig eine Liste von Vor- und Nachteilen zusammengestellt hast, dich aber immer noch nicht entscheiden kannst, dann überlege welche Identität, du anstreben willst. Entscheide dich dann für den Weg, der dich der gewünschten Identität näherbringt.
Bei kleinen Entscheidungen ist es sinnvoll, durch Würfelwurf zu entscheiden. Das ist ein expliziter Akt der Unterwerfung unter das Glück. An manchen Tagen schweigt die innere Stimme oder ist nicht wahrnehmbar. Dann ist die Auswahl unwichtig, aber es muss eine Entscheidung (für eine zu lesende Publikation bspw.) getroffen werden, um eine elementare Aufgabe zu erledigen, die zum Erfolg führt. An anderen Tagen spürst du vielleicht einen Widerstand, dem Diktat eines Würfels zu folgen. Dann hat die explizite Unterwerfung unter das Glück dein Bauchgefühl wieder wahrnehmbar gemacht, wie es hier (engl.) sehr schön beschrieben wird. Durch das Würfeln konntest du zum Ausdruck bringen, dass du eine bestimmte Option bevorzugst, obwohl du vielleicht keine vollständig ausformulierte Begründung für diese Präferenz hast.
Das Bauchgefühl entspringt immer einer Form von Erfahrungswissen und kann widersprüchlich sein, daher solltest du deine eigenen Vorurteile kennen [1]. Wenn das Bauchgefühl spürbar ist, ist es eine gute Idee, ihm zu folgen, da es sich auf deine Erfahrung bezieht, die die Würfel nicht haben. Oft hat dein Bauchgefühl recht und führt dich zu einer effizienten Entscheidung. Manchmal hat dein Bauchgefühl nicht recht. Vergiss nicht, dass du auf lange Sicht Erfolg anpeilst, und dass dein Bauchgefühl eine amorphe Mischung aus vergangenen Erfahrungen ist. Wenn dieses Bauchgefühl zu einer schlechten Entscheidung führt, machst du immerhin neue Erfahrungen, die dein Bauchgefühl aktualisieren (und nur so kann man es überhaupt aktualisieren), so dass du in Zukunft bessere Entscheidungen mit deinem Bauchgefühl treffen kannst.
Nachdem ich einige Ideen entwickelt hatte, demotivierte mich die Existenz einiger von ihnen, weiterhin Publikationen zu lesen und Vorträge zu besuchen. Als mein Bauchgefühl wieder mehr und mehr in den Vordergrund rückte, wollte ich meine Ideen umsetzen. Dies war der Beginn der zweiten Phase, welche sich in die laufende erste Phase mischt, etwa 2 Monate nach dem Beginn der ersten Phase.
Die Explorationsphase ist der Übergang von der Ideenfindung zur Umsetzung einiger Ideen, um aus den Blockaden zu lernen, die ihrer vollständigen Umsetzung im Wege stehen. Sie weist die folgenden Merkmale auf:
Ziel:
Erhöhung der Chancen, gute Ideen zu generieren (d. h., sie sind umsetzbar und liefern einen neuartigen und relevanten Beitrag zur Wissenschaft)
Erfolgsmaßstab:
Anzahl der guten Ideen, die im täglichen Leben entstehen
Erfolgsvoraussetzungen (elementare Aufgaben):
Hohe Zahl umgesetzter Ideen und Tiefe der Analyse der aufgetretenen Blockaden
In dieser Terminologie ist eine Blockade ein Problem, das die Veröffentlichung der Idee verhindert und für das du, deine Kollegen und Professoren derzeit keine nächsten Schritte, die zu Fortschritt führen würden, identifizieren könnt.
Anwendbare Tipps:
Setze die Ideen um, die du für besonders vielversprechend hältst. Analysiere sorgfältig, warum die Idee nicht veröffentlicht werden kann.
Die Umsetzung scheinbar guter Ideen ermöglicht es Anfängern, die Qualität ihrer Ideen von vornherein besser einzuschätzen. Dies wiederum erhöht die Chance, beim nächsten Mal bessere Ideen umzusetzen, aus denen man noch mehr lernen kann, und setzt so einen sich selbst verstärkenden Prozess in Gang. Ich habe ein Jahr mit dieser Kombination aus erster und zweiter Stufe verbracht: Lesen und Zuhören, Ideen umsetzen, auf eine Blockade stoßen und diese zu analysieren, um eine bessere Auswahl zu treffen, welche Ideen ich nach der nächsten kreativen Episode umsetze.
Die zeitliche Einteilung von Lesen und Zuhören (Erfolgsvoraussetzungen der 1. Stufe) und dem Ausführen von Ideen (Erfolgsvoraussetzungen der 2. Stufe) lässt sich praktisch nicht optimieren. Klar ist nur: Beide brauchen Zeit. Im Idealfall verschiebt sich die Gewichtung monoton vom Lesen zur Ausführung von Ideen, aber in der Praxis wird eine Zeit kommen, in der man die Ausführung zu sehr fokussiert hat und sich wieder mehr auf das Lesen und Zuhören konzentriert. Noch einmal: Im Zweifel, ob du eine weitere Arbeit lesen oder eine Idee umsetzen sollst, quäl dich nicht, sondern wirf Würfel und starte mit einem von beiden.
In dieser Phase ermutigte mich mein Professor, meine erste studentische Hilfskraft einzustellen. Das war ein guter Rat, obwohl ich mich noch nicht in der Lage fühlte, eine studentische Hilfskraft zu betreuen. Ich gab mein Bestes, sowohl im Einstellungsprozess als auch bei der Definition der Arbeit, die ich delegierte, und verbesserte mich, wenn mir etwas Suboptimales auffiel. Ich schien Anfängerglück gehabt zu haben, denn die Studentin, die ich einstellte, arbeitete fleißig, half mir, meine Ideen zu erforschen, und ich hatte das Gefühl, dass auch sie passend gefordert wurde. Als sie ging, um ihre Masterarbeit zu schreiben, kam ich zu dem Schluss, dass ich während unserer Zusammenarbeit mehr über effektive Kommunikation und Delegation gelernt hatte als sie von mir über mathematische Optimierung. Eine Studentin "on the job" zu betreuen, war eine Win-Win-Situation.
Nach einem Jahr und drei Monaten ging ich zu einem Forschungsaustausch nach Austin in Texas. Ich fühlte mich schlecht vorbereitet, denn obwohl ich eine Vorstellung davon hatte, was ich dort machen wollte, stieß ich bereits auf eine Blockade, bevor ich das Flugzeug in den Lone Star State bestieg. Diesmal hatte ich jedoch Glück: Mein Gastgeber, Michael Baldea, erzählte mir von einigen Ideen, die er für mich und meinen Aufenthalt in seiner Gruppe vorbereitet hatte. Ich fand, das war eine nette Geste. Insbesondere wollte Dr. Baldea versuchen, große Energieverbraucher zu poolen, um die Vertraulichkeit ihrer internen Modelle zu verbessern. Während unserer Diskussion kam mir eine zündende Idee: Durch die Verwendung eines Dekompositionsalgorithmus würde Pooling gar nicht nötig sein, und trotzdem die Vertraulichkeit der Verbrauchermodelle wahren. Ich bin mir sicher, dass ich nicht auf diese Idee gekommen wäre, wenn ich nicht zuvor einen Haufen Literatur über Dekompositionsalgorithmen gelesen hätte und bei dem Versuch, einige nützliche Dekompositionen zu entwickeln, auf eine Reihe von Blockaden gestoßen wäre! Jetzt erkannte ich ein Problem, das sich mit einer Dekomposition lösen ließ, und ich war mir dessen bewusst. Wiederum setzte ich die Idee um. Dieses Mal stieß ich nicht auf eine Blockade, sondern nur auf einige der üblichen technischen Herausforderungen. Zum ersten Mal waren mir neue und relevante Forschungsergebnisse gelungen! Jetzt konnte ich anwenden, was ich in den Kursen für wissenschaftliches Schreiben des Sprachenzentrums der RWTH Aachen gelernt hatte. Diese Kurse waren großartig, ich hatte sie auf Empfehlung von Kollegen schon früh besucht - ein weiterer hervorragender Rat. Schließlich wurde der erste Meilenstein auf dem Weg zu meiner Promotion, meine erste Publikation, begutachtet und veröffentlicht. Ich hatte meine Nische gefunden :)
Als ich aus Texas zurückkam, hatte die Auslandserfahrung meine Fähigkeit, gute Ideen zu erkennen, weiter verbessert. Ich griff die Ideen, an denen ich zuvor gearbeitet hatte, wieder auf, änderte jedoch einige Aspekte, so dass die Idee schließlich zu meiner zweiten Veröffentlichung führte. Ich stellte fest, dass die Umsetzung von Ideen einen immer größeren Teil meines Arbeitstages in Anspruch nahm, weil es bei der Umsetzung von Ideen nicht mehr darum ging, die auftretenden Blockaden zu analysieren. Blockaden hätten zwar weiterhin auftreten können, aber sind sie nicht. Stattdessen führten die Ideen, die ich umsetzte, zu bedeutenden Ergebnissen Es wurde meine Aufgabe, diese Ergebnisse zu produzieren und sie für die Veröffentlichung vorzubereiten. Wieder ging ich in die nächste Phase über:
In der produktiven Phase geht es darum, Forschungsergebnisse zu erarbeiten und sie für die Veröffentlichung vorzubereiten und in die Dissertation aufzunehmen. Diese Phase ist weniger kreativ, wie die folgenden Eigenschaften zeigen:
Ziel:
Maximierung der Produktivität durch Umsetzung erfolgversprechender Ideen und Aufbereitung der Ergebnisse (mit Hilfe studentischer Hilfskräfte)
Erfolgsmaßstab:
Anzahl der von unabhängigen Experten begutachteten Veröffentlichungen
Erfolgsvoraussetzungen (elementare Aufgaben):
Stunden konzentrierter Arbeit [3], die mit den Komponenten einer Veröffentlichung verbracht werden: Implementierung von Software, Generierung von Ergebnissen, Analyse und Visualisierung der Ergebnisse, Niederschrift der Ergebnisse.
Anwendbare Tipps:
Überlege vor Feierabend was die 2-3 wichtigsten Dinge sind, die am nächsten Tag zu erledigen sind. Erledige sie am nächsten Morgen, bevor du dich um andere Dinge kümmerst, einschließlich des Lesens von E-Mails. Stell sicher, dass deine studentischen Hilfskräfte mit klar definierten Meilensteinen gefüttert werden, und verschaffe ihnen Autonomie, um diese Meilensteine zu erreichen. Ich fand die Kerninhalte in David Allens Buch "Getting Things Done" [7] nützlich, um den Überblick zu behalten.
Als ich diese Phase erreicht hatte, befand ich mich endlich wieder auf bekanntem Terrain: Harte Arbeit brachte wieder reiche Ernte, und ein Großteil meiner täglichen Arbeit drehte sich um analytische oder softwaretechnische Aufgaben, die kreativere Aufgaben ersetzten. Außerdem hatte ich so viele klar definierte Arbeitspakete, dass ich viel an meine studentischen Hilfskräfte delegieren konnte. In dieser heißen Phase erlaubte mir die Verwaltung großzügig, drei studentische Hilfskräfte einzustellen, die eigenständig großartige Arbeit leisteten. Diese Phase ist zuweilen stressig. Als jedoch alle Publikationen veröffentlicht waren, die Dissertation geschrieben war und die Verteidigungspräsentation hinter mir lag, stellte ich fest, dass ich positiven Stress hatte. Ich hatte das Gefühl, dass der Abschluss in greifbarer Nähe war. Ich spürte auch, dass alles funktionieren würde, was mittlerweile ein seltsames Gefühl war, weil ich mich an die anfängliche Unsicherheit so sehr gewöhnt hatte.
Rückblickend betrachtet war die Anfangszeit die schwierigste Zeit. In dieser Zeit würde ich auch meine Herangehensweise grundlegend ändern und meine oben genannten Ratschläge radikal umsetzen: Achte unbedingt darauf, jeden Tag elementare Aufgaben zu erledigen, beende den Arbeitstag früh, und WIRF DEINEN EHRGEIZ ÜBER BORD, wenn er dich dazu verleitet, hart zu arbeiten, denn harte Arbeit behindert Kreativität.
Ich möchte auch Professoren, Post-Docs und ältere Doktoranden, die neuen Doktoranden helfen wollen, aufrufen: Bereitet eine klar definierte Aufgabe für euren Mentee vor, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu (etwas) neuen und (etwas) relevanten Ergebnissen führt (wenn es mehr als "etwas" wäre, würdet ihr zu Recht selbst daran arbeiten, da solche Aufgaben selten sind). Ich denke, dass die Bereitstellung solcher klar definierten Aufgaben, die jemand mit viel Erfahrung für vielversprechend hält, der effektivste Weg ist, um den sich selbst verstärkenden Prozess der Entwicklung, Identifikation und Umsetzung guter Ideen in Gang zu bringen. Von dieser Unterstützung hätte ich auf meinem eigenen Weg am meisten profitieren können. Eine vielversprechende Idee, die umsetzbar ist, kann einen Anfänger in die glückliche Lage bringen, schon früh Ergebnisse zu erzielen. Dann bräuchte der Anfänger keinerlei Dummy-Vorträge halten (bei denen man nur über aktuelle Arbeit spricht, ohne Ergebnisse zu haben), sondern würde die Ergebnisse präsentieren, auf Konferenzen gehen, dort neue Leute kennen lernen und Peer-review erleben. All diese Effekte verbessern sowohl die Quantität als auch die Qualität der vom Anfänger selbst generierten Ideen und beschleunigen so die Entwicklung des Anfängers zu einem produktiven Forscher.
Der Weg zum Doktortitel ist sehr individuell, doch die Meilensteine auf dem Weg zum Erfolg kennzeichnen alle diese individuellen Erfahrungen. Außerdem ist jeder Weg von vielen wertvollen und lästigen Dingen gesäumt, von denen alle Forschenden profitieren bzw. die sie überwinden müssen. Die folgende Auflistung von Vor- und Nachteilen kann für Interessierte den Ausschlag geben, ob sie sich auch auf diesen Weg einlassen wollen:
• Eine Promotion ist eine Gelegenheit, wirklich schreiben zu lernen.
• Die Einstellung und Betreuung von studentischen Hilfskräften ist sehr produktiv und charakterbildend.
• Das universitäre Umfeld fördert autonomes Lernen. Ich selbst habe mehrere Kurse über fortgeschrittene C++ Programmierung und Mixed-Integer-Optimierung besucht und hatte Zeit, den Stoff nach dem Kurs zu wiederholen und ihn bei meiner eigenen Arbeit anzuwenden.
• Es macht Spaß, für internationale Kooperationen um die Welt zu reisen.
• Die Verteidigung ist ein besonderer Anlass zum Feiern, und der Titel eignet sich für eine ausgefallene Anrede, falls das von Bedeutung ist.
• Ein frustrierender Start lässt sich nicht vermeiden.
• Ungewissheit: Es gibt keine Möglichkeit, bestimmte Fortschritte auf dem Weg zum Doktortitel innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens sicherzustellen. Daher ist jede Vertragslaufzeit eine Schätzung und die Planung der Zeit nach dem Abschluss ein Glücksspiel.
• Willkürlich wirkende, aber arbeitsintensive bürokratische Aufgaben aus der Verwaltung können für zusätzliche Frustration sorgen.
Dieser Artikel (englisch) sammelt "mentale Modelle", Beschreibungen universeller Phänomene, wie Menschen denken und welche Abkürzungen das menschliche Gehirn verwendet. Wer die fundamentalsten Modelle kennt, entwickelt ein Bewusstsein für die eigene Neigung zu Dummheit, aber diese Konzepte wirklich zu verinnerlichen ist eine wohl lebenslange Aufgabe.
(deutscher Titel: Die subtile Kunst des Daraufscheißens)
Dieses Buch argumentiert, dass Unzufriedenheit und Unruhe universelle Bestandteile der menschlichen Erfahrung sind. Es will ein flapsiges Handbuch darüber sein, wie man die Existenz von Problemen akzeptiert und sich stattdessen darauf konzentriert, Probleme in andere, aber bessere Probleme zu verwandeln. Manson behandelt insbesondere den Umgang mit Unsicherheit, Fehlern und Ablehnung in eigenen Kapiteln.
(deutscher Titel: Konzentriert arbeiten: Regeln für eine Welt voller Ablenkungen)
Dies ist DAS BUCH darüber, wie man als moderner Wissensarbeiter Erfolg hat. Der zentrale Gedanke ist, dass Aufmerksamkeit die universellste, seltene und wertvolle Ressource in unserer Welt ist. Newport empfiehlt praktische Strategien zur Optimierung des Umgangs mit Aufmerksamkeit/mentaler Energie. Viele der Tipps helfen dein Leben innerhalb einer Woche zum Besseren zu verändern, wenn du sie anwendest. Die konsequente Anwendung dieser Prinzipien Woche für Woche und Monat für Monat ist schwierig - wahrscheinlich eine ewige Herausforderung -, kann dich aber unaufhaltsam machen.
Petersons Erzählung dreht sich um die Vorstellung, dass das Leben aus Chaos, Ordnung und einer Dynamik besteht, die das eine in das andere verwandelt und umgekehrt. Er weist darauf hin, dass der Sinn des Lebens deutlich wird, wenn wir uns mit allem, was wir haben und sind, an dieser Umwandlung beteiligen (das ist es, was Mark Manson "Probleme in bessere Probleme umwandeln" nennt). In diesen beiden Büchern werden alltägliche Phänomene, die mit dem Sinn des Lebens zusammenhängen, aus einer überzeugenden psychologischen Perspektive dargestellt, und es mangelt nicht an umsetzbaren Ratschlägen, um mit solchen Problemen umzugehen und wirklich erwachsen zu werden. Das zweite Buch wiederholt die allgemeine Erzählung in den letzten Kapiteln etwas zu oft für meinen Geschmack.
Tim Ferriss interviewt Russ Roberts. Sie besprechen Roberts' neues Buch "Wild Problems: A Guide to the Decisions That Define Us". Ich habe das Buch nicht gelesen, aber die Erklärungen von Robert in dieser Podcast-Episode waren ein guter Input für mich.
Dies ist ein furchtbares Buch. Ehrlich. Die Krux ist, dass sein Inhalt einfach großartig ist. Allen vertritt die Ansicht, dass das Gehirn dazu da ist, Ideen zu haben, und nicht, sie festzuhalten. Er hat beobachtet, dass das Gehirn krampfhaft so genannte "offene Schleifen" (Aufgaben, die erledigt werden sollten, aber noch nicht erledigt sind) speichert, wodurch dein Geist fragmentiert und überladen wird.
Seine Fünf-Schritte-Anleitung, um den Kopf frei zu bekommen, umfasst Folgendes:
1. Einrichtung einer Infrastruktur, um anfallende Ideen und Aufgaben an einem Ort außerhalb des Kopfes zu sammeln;
2. Festlegung der nächsten Aktion, die in Bezug auf jede gesammelte Idee oder Aufgabe durchgeführt werden muss;
3. Ordnungsgemäße Ablage und Organisation der Aktionen, die in die eigene Verantwortung fallen. Dies muss in einer Art und Weise geschehen, der das Gehirn vertrauen kann und wird. Nur dann fühlt es sich sicher, die Gedanken einzustellen;
4. Regelmäßige Überprüfung aller anstehenden Schritte und Verantwortungen;
5. Erledigen der nächsten Aktionen auf effiziente Weise.
Das Buch geht auf all diese Schritte detaillierter ein, aber es hätte nur 50 - 33 % der Seiten für ein genauso inhaltsreiches Buch gebraucht. Wer sich durch die endlosen Wiederholungen quält und die konkreten Ratschläge extrahieren und verdichten kann, wird mit einem zeitlosen Produktivitätssystem belohnt, das das Versprechen, den Kopf frei zu bekommen, wirklich einlöst. Alternativ, gibt es bei AsianEfficiency (engl.) etwas ausführlicherer Zusammenfassungen als meine hier.
Dank an Nils Erwes für das Probelesen dieses Artikels.
Im Gespräch mit interessierten Leuten sage ich häufig, dass Computer mit Optimierung nicht-emotionale Entscheidungen treffen können. In meinen Projekten sind das meist Planungen: Von Produktion, Energiegewinnung oder Transporten. Weniger alltägliche Entscheidung sind in diesem magisches Beispiel.
Modellbasierte digitale Transformation ist DAS Mittel der Wahl, um Branchen in die digitale Zukunft zu führen. Dieser Ansatz bietet einen schnellen Einstieg, ist agil umsetzbar und auf vielen Ebenen wertvoll.